Vier Tore in 69 Sekunden zum 1:3 – dann Strafenflut

Der erste Teil der Zweitliga-Meisterschaft 2019/20 ist abgeschlossen. Samstags fand mit dem neunten Spieltag gleichzeitig der Vorrundenabschluss statt. Dieser brachte das Zürcher Kantonal-Derby Unter- (Eissportverein Dielsdorf-Niederhasli/EVDN) gegen Oberland (Illnau-Effretikon/EIE). Im höchst intensiven, von aggressivem Zweikampfverhalten geprägten Prestigeduell fielen innerhalb von 69 Sekunden vier Treffer. EIE-Verteidiger Yves Brasser lancierte mit seinem ersten Saisontreffer das knallhart geführte Derby in welchem es am Ende mehr Strafen als Tore gab. Bei Brassers Strafe glich Dielsdorf-Niederhasli ab der Blauen Linie (für Volkart verdeckte Sicht) durch Tim Peter aus. Die Zürcher Oberländer reagierten auf den schnellen 1:1 Ausgleich mit einem Doppelschlag durch Yves Förderreuther und Tizian «Tiz» Müller zum 3:1. Der Russe Alexander Tkachenko besiegelte das Kampfspiel knappe fünf Minuten vor Schluss mit dem 4:1 der Gäste.

Bericht: Heinz Minder, Erlen (Dielsdorf)

Und die Bilanz der ersten Saisonhälfte für den EHC Illnau-Effretikon lautet nun also: Neun Spiele, 16 Punkte, vierter Zwischenrang dank sechs Siegen (3:1 Lenzerheide-Valbella, 5:1 Wallisellen, 6:1 Club da Hockey Engiadina und 4:1 Dielsdorf-Niederhasli; sowie 4:3 in St. Moritz und 5:4 Eisbären St. Gallen, beide jeweils über die Overtime), dazu drei Niederlagen 2:4 bei Weinfelden, 2:3 bei Kreuzlingen-Konstanz und 3:4 gegen Dürnten-Vikings), sowie ein (positives) Torverhältnis von 34:22 (+12). Dank des 4:1(1:3, 0:0, 0:1) Auswärtssieges in Dielsdorf konnten die Zürcher Oberländer den Kontakt zur den vorderen Verfolgerrängen des souveränen Tabellenführers Kreuzlingen-Konstanz halten und reisen mittwochs nun zum Aufsteiger und Schlusslicht Lenzerheide-Valbella.

Noch Steigerungspotenzial für zweite Saisonhälfte

«Ich denke, wir wären glücklicher, wenn wir jetzt nach der ersten Saisonhälfte drei oder fünf Punkte mehr auf unserem Konto hätten», so Giorgio Giacomelli nach der abgeschlossenen Vorrunde. «Wichtiger ist, dass wir in der kommenden zweiten Saisonhälfte unser eigenes Spiel noch besser umsetzten können», so der EIE-Headcoach «und das spielen, was wir wirklich selbst wollen». Giacomelli sprach davon, dass «wir unser eigenes Tempospiel forcieren und in der Offensive den Abschluss aggressiver suchen müssen». Komme hinzu, dass der EHC Illnau-Effretikon «in Powerplaysituationen gefährlicher uns effizienter werden müsse».

Alle bisherigen elf Punkte zu Hause gewonnen

Der langen Tradition entsprechend, kam es auf der Erlen zum dem erwartet heiss umstrittenen Rivalen Kampf. Von seinen bisherigen elf Punkten hatte Dielsdorf-Niederhasli, alle in seinen bislang fünf Heimspielen gewonnen. Das hiess und bedeutete: Illnau-Effretikon musste sich auf einen äusserst heimstarken EVDN einstellen, der 4:3 gegen Wallisellen und 6:5 über St. Moritz seine ersten zwei Spiele in Dielsdorf über die Overtime gewann, die Eisbären St. Gallen 7:3 schlugen, gegen Tabellenführer Kreuzlingen-Konstanz – wieder über die Overtime – zu einem 4:5 (einen Punktegewinn) kamen, und Aufsteiger Lenzerheide-Valbella knapp mit 3:1 besiegten. Auswärts hatte der EIE-Gegner bislang noch nicht gepunktet. Und die Bilanz täuschte nicht.

Schiedsrichter sahen vieles nicht oder liefen einfach laufen

Die Zürcher Unterländer traten aggressiv und höchst unbequem auf. Von Anfang an entwickelte sich ein von vielen intensiven Zweikämpfen geprägter Fight. Das Startdrittel verlief temposchnell. Mit vier Toren in schneller, respektive kürzester Folge, war das Derby ereignis- und höchst abwechslungsreich, absolut nie langweilig und hatte einen hohen Unterhaltungswert. Allerdings verflachte das Treffen nach der ersten Drittels Pause. Ab jenem Zeitpunkt verbissen sich die Akteure dann beidseits ineinander. Statt weitere Tore gab es eine Strafen Flut. «Ein typisches Spiel gegen Dielsdorf-Niederhasli», so Giorgio Giacomelli. «Auf beiden Seiten gab es heute wieder Spieler, die ihre Emotionen zeigten und leider haben die Schiedsrichter sie meiner Meinung nach zu wenig konsequent geahndet und hätten beidseits noch mehr Strafen aussprechen müssen/können. Die beiden Unparteiischen liessen meiner Einschätzung nach in entscheidenden Szenen viele Sachen einfach laufen. Es hätte meiner Ansicht nach wirklich ausarten können».  

Mattia Heuberger nach EIE-Doppelschlag ausgewechselt

In der letzten Saison spielten sie, wie in ihrer Juniorenzeit, noch zusammen und trugen gemeinsam den Dress des Eissportvereines Dielsdorf-Niederhasli. Die Gebrüder und Zwillinge Mattia und Jan Heuberger. Aufgewachsen in St. Moritz spielten beide natürlich wie es sich für einen Engadiner gehört, beim heimischen Hockeyclub, wo sie zusammen die Nachwuchsabteilung auf der Ludains durchliefen. Mattia als Torhüter, Jan als Allrounder als Verteidiger und Stürmer. Sie spielten gemeinsam in der U15, U17, U20 und schafften beide den Sprung in die erste Mannschaft. 2015/16 kam Mattia auf dem Torhüterposten zu seinem 2. Liga-Debüt, Jan bestritt bereits 2013714 seinen Ersteinsatz im St. Moritzer-Fanionteam. 2016/17 spielte Mattia bei Lugano (U20 Elite) und kam auf Leihbasis zu einem Einsatz bei Chiasso. 2017/18 zog es den Torhüter ins Zürcher Unterland, wo er sich bei Dielsdorf-Niederhasli anschloss und jetzt in seiner dritten Saison auf der Erlen steckt. Jan wechselte 2018/17 zu seinem Bruder und zum EVDN, bestritt mit den Unterländern 16 Gruppen und vier Playoff-Spiele und nahm Ende letzter Saison nun den Wechsel zu Illnau-Effretikon vor.

Yves Brasser und Tizian «Tiz» Müller mit ersten Saisontoren

Für EVDN-Torhüter Mattia Heuberger gab es samstags einen Kurzeinsatz gegen seinen Zwillingsbruder. Im knallhart geführten Derby lancierte Philip Beeler auf der linken Seite Yves Brasser. Der EIE-Verteidiger mit starkem Offensivdrang prellte über die linke Seite vor und erwischte Heuberger zum 1:0. Den postwendenden 1:1 Ausgleich, ein Distanzschuss im Powerplay, als Torschütze Brasser als erster von vielen weiteren Spielern auf der Strafbank Platz nehmen musste, durch Tim Peter und seinen verdeckten Schuss ab der Blauen Linie, brachte Illnau-Effretikon aber noch in der gleichen Minute, als dem EIE das Führungstor gelang (7.) nicht aus dem Konzept. Im Gegenteil. Innerhalb von 34 Sekunden markierten die Gäste einen letztlich vorentscheidenden Doppelschlag. Erst vollstreckte Yves Förderreuther mit seinem sechsten Saisontreffer die Zusammenarbeit mit Beeler und Dario Brunner (07:18), dann reüssierte Tizian «Tiz» Müller erstmals in dieser Saison mit einem Meisterschaftstreffer (Vorarbeit Jan Heuberger und Lorenz Kuhn) zum 3:1. EIE-Verteidiger Jan Heuberger war nicht nur Auslöser des dritten EIE-Tores, sondern auch gleichzeitig mitverantwortlich, dass sein Zwillingsbruder auf EVDN-Seite nach den zwei schnellen Toren innerhalb von wenigen Sekunden seinen Torhüterposten nach knappen acht Minuten Spielzeit Luca Forrer überlassen musste.

Drei wichtige Punkte obwohl nicht gut gespielt…

Nachdem Carlo Fäh im Prestigederby seine erste von insgesamt drei Strafen absitzen musste, war die Reihe dann am EVDN. Pascal Busse sass zwölf- draussen, dann Michael Mettler gleich vier Minuten. Weil aber Fäh für seinen zweiten Zweier auch raus musste, konnte Illnau-Effretikon nicht konstant mit einem Mann mehr in der Überzahl agieren, hatte aber lange eine Powerplaymöglichkeit. Am Schluss war Giacomelli mit der Leistung seiner Mannschaft trotz des Sieges «gar nicht ganz zufrieden» und meinte «ein guter Samstag, weil wir die drei Punkte geholt haben gegen einen äusserst aufsässigen, kämpferisch super eingestellten Gegner». Er sei aber trotzdem nicht zufrieden, «weil wir selbst nicht gut spielten, viel zu wenig den Abschluss suchten und Glück hatten, dass uns soeben drei schnelle Treffer in der Startphase gelangen». Und eben zum Überzahlspiel, der oft angesprochenen Powerplayschwäche seiner Mannschaft, meinte der EIE-Headcoach: «Auch heute haben wir in Überzahl den Abschluss viel zu wenig gesucht. Wir spielen zwar im Powerplay oftmals schön um das gegnerische Tor rum, merken aber nicht, dass wir eigentlich mehr Raum in der gefährlichen Zone hätten, vergessen aber einfach die Abschlüsse auf den Torhüter».

…und Steigerungspotenzial auch im EIE-Powerplay vorhanden

Und zu diesen Abschlüssen, ob nun in Überzahl oder bei Gleichstand, habe seine Truppe einfach noch ein Defizit, oder positiver ausgedrückt: Steigerungspotenzial für die kommenden neun Gruppenspiele. «Wir zeigten heute eine mehr als durchzogene Leistung». Defensiv sei die Vorstellung, nicht zuletzt wieder dank eines stark aufspielenden Torhüters Volkart «ok gewesen, das Problem ist einfach, dass wir uns alle viel zu wenig bewegen und in vielen Szenen fehlte uns heute wieder die eigene Cleverness». Giacomelli bemängelte, dass seine Mannschaft «viele Scheiben an der Blauen Linie (Offensiv- wie defensiv) «verloren hat, weil wir oftmals nur spekulieren. Und heute hatte ich das Gefühlt, dass wir uns zu viele Fehlpässe erlaubten. Da sind oftmals ganz einfache Zuspiele nicht dort angekommen, wo sie eigentlich hinsollten». Das habe aber seiner Ansicht eben auch damit zu tun, «weil wir uns schlecht und zu wenig bewegen».

Provokationen-Emotionen-Reaktionen-Strafen

Nun. Wie gesagt. Nachdem die ersten vier Tore dem Spiel eine vorentscheidende Richtung gaben, verbissen sich die Akteure je länger der Match ging, mehr in Zweikämpfe. Provokationen, Emotionen, Reaktionen und Strafen. Die Kräfte verpufften nun im Duell Mann gegen Mann und hatten ihren Höhepunkt gegen Ende des torlosen Mitteldrittel, als sich der ex-EIE-Verteidiger Michael Heid auf Höhe der EIE-Mannschaftsbank zu einem rustikalen grobfahrlässigen Foulspiel hinreissen liess und Riesenglück hatte, dass nichts schlimmeres als nur eine anschliessende Massenkeilerei ausbrach (39.).

Mirco Hofer kommt fürs Schlussdrittel

Mirco Hofer, der im Cup-Spiel dienstags gegen Erstligist nach einem Faust-Nackenschlag vorzeitig angeschlagen raus musste, gab in Dielsdorf für das Schlussdrittel ein Comeback und Teileinsatz. Beim EIE stürmte Alexander Tkachenko wieder einmal in einem Meisterschaftsspiel mit. Der Russ übernahm die Flügelposition in der ersten Linie anstelle des wieder verletzten Marco Vögeli (Leisten-/Adduktoren), kassierte in dieser von einer Strafen Flut geprägter Partie auch zwei Ausschlüsse, setzte aber im Schlussdrittel noch das Sahnehäubchen. Von Carlo Fäh bedient, setzte sich der Russe durch die Mitte gegen zwei Gegner durch und erwischte Forrer knappe fünf Minuten vor Schluss mit einem unhaltbaren Heber in den linken Torwinkel zum 4:1 Endstand.

Wir hätten es uns selbst einfacher machen können

Giacomelli stimmte der Einschätzung zu, dass man in dieser Saison von Illnau-Effretikon schon schlechtere Spiele gesehen habe. «Ja. Aber es ist noch nicht das, was ich mir vorstelle, was wir spielen sollten und könnten», so der ehrgeizige ehemalige NLB-Verteidiger. «Wir wussten, dass es schwierig ist, hier in Dielsdorf zu Punkten zu kommen. Wir hätten es uns heute aber alle selbst wesentlich einfacher machen können». Nun reist der EIE als Viertrangierter am Mittwoch zu Schlusslicht Lenzerheide-Valbella, wo es aber für die Zürcher Oberländer trotz papiermässiger einfacher Ausgangslage absolut nicht zu einem Spaziergang kommen dürfte. «Lenzerheide wird auf Beton spielen und in die Abwehr stehen. Wir müssen uns wesentlich mehr bewegen als heute hier in Dielsdorf und rigoroser und konsequenter in der Offensive unsere eigenen Abschlüsse suchen».  

Eishockey, Meisterschaft 2. Liga, Gruppe 2/9. Spieltag: Eissportverein Dielsdorf-Niederhasli (EVDN) – Illnau-Effretikon (EIE) 1:4 (1:3, 0:0, 0:1).- Sportanlage Erlen (Dielsdorf).- 85Zuschauer.- SR: Philip Spring/Remo Egli.- Tore: 06:19 Brasser (Beeler) 0:1. 06:49 Peter (Kuncek, Ausschluss Brasser) 1:1. 07:18 Förderreuther (Brunner/Beeler) 1:2. 07:52 Müller (Lorenz Kuhn/Heuberger) 1:3. 55. Tkachenko (Fäh) 1:4.- Eissportverein Dielsdorf-Niederhasli: Heuberger (07:52 Forrer); Hohmuth, Peter; Volkart, Heid; Plesky, Ghelfa; Schönholzer, Kuncek, Berli; Busse, Mettler, Thali; Hofer, Reichmuth, Michel.- Illnau-Effretikon: Volkart (Werren); Bulach, Schwarz; Thaler, Brunner; Brasser, Heuberger; Giacomelli; Tkachenko, Beltrame, Fäh; Beeler, Förderreuther, Lionel Kuhn; Müller, Gabriel Gretler, Lorenz Kuhn; Hofer, Begert.- Strafen: Eissportverein Dielsdorf-Niederhasli1x2 Minuten, plus 1x10 Minuten Busse (Bandencheck/Disziplinarstrafe); Illnau-Effretikon 13x2 Minuten.- Bemerkungen: Illnau-Effretikon ohne Torhüter Joel Stücheli (abwesend); Justin Wieser (Schulterverletzung seit Sommertraining),Marco Vögeli (Leisten/Adduktoren); Nicola Gretler (Abwesend), Mirco Hofer, im Schlussdrittel des Cup-Spieles vom vergangenen Dienstag gegen Erstligist Rheintal nach Faustschlag in den Nacken verletzt ausgeschieden, kommt in Dielsdorf im Schlussdrittel zu Teileinsatz, Jayson Zähner (Junioren).- 07:52 Torhüterwechsel Dielsdorf-Niederhasli nach 1:3 – Luca Forrer anstelle von Mattia Heuberger.- Überfordertes Schiedsrichterduo.-

Nächstes Spiel des EHC Illnau-Effretikon (EIE): Meisterschaft 2. Liga/10. Spieltag, Mittwoch, 27. November 2019: Lenzerheide-Valbella – Illnau-Effretikon, Eishalle Dieschen (Lenzerheide), Spielbeginn: 20 Uhr.

 

 

 

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